Blick zum Neuhäuser Tor (1907) und Gerichtsgefängnis (vor 1945)
Ruine des ehemaligen Gerichtsgefängnisses (1950)

Früher

Die Königstraße galt zu Beginn des 19. Jh. als Sinnbild für ein rückständiges und heruntergekommenes Paderborn. Wo einst wohl Könige und Fürsten feierlich in die Altstadt eingezogen waren, säumten verfallende Fachwerkhäuser einen schmutzigen Fahrweg. Im Rahmen einer großangelegten Sanierung wurde die Königsstraße 1825/26 mit „Katzenköpfen“ gepflastert. Als Paderborn ab 1850 rapide wuchs, entstanden Handwerksbetriebe und Läden, die von der Nähe zur Innenstadt profitierten.

An der Kreuzung Marien- und Königstraße erhob sich das 1739 erbaute bischöfliche „Zucht- und Fabrikenhaus“. Waisen, Arbeitslose und Strafgefangene mussten hier Strümpfe herstellen. 1849 zogen nach der preußischen Justizreform das Gefängnis des Oberlandesgerichts sowie das Inquisitoriat (Untersuchungsgefängnis) Paderborn ein. In der NS-Zeit saßen auch politische Gefangene ein. So verhaftete die Polizei im Zuge der Pogrome in der „Reichskristallnacht“ (9./10. November 1938) 42 jüdische Mitbürger. Am nächsten Tag mussten diese Menschen in einen Zug nach Bielefeld steigen. Von dort wurden sie ins KZ Buchenwald transportiert.

Das Gerichtsgefängnis wurde 1945 stark beschädigt. Notdürftig wiederhergestellt beherbergte es bis Ende 1949 heimat- und obdachlose Kriegsflüchtlinge. Die Ruine wurde in den 1950er Jahren abgerissen; das Portal fand 1980 im Neubau der Bonifatius-Buchhandlung am Kamp Verwendung. Auf dem Grundstück Königstraße 21-23 steht heute das Kaufhaus C&A.

Heute

Zwar wurden im März 1945 viele Häuser schwer beschädigt, doch sie konnten - wie die traditionsreche Gaststätte „Zum Weißen Hirsch“ (Nr. 25) - wiederhergestellt werden. Nördlich der Marienstraße fielen die alten Bauten erst der „Verdichtung“ der Innenstadt zum Opfer: Zwischen 1974 und 1981 wurde die Königstraße zwischen Western- und Marienstraße zum „Königsplatz“ erweitert und radikal umgestaltet. Zwei Ebenen trennten einkaufende Fußgänger vom Fahrverkehr. Auf dem ‚oberen‘ Königsplatz entstanden Nutz- und Wohnbauten, darunter lagen Busbahnhof und Tiefgarage.

Die Architektur gab bald zur Kritik Anlass. Im Überschwang einer für modern gehaltenen Stadtplanung war mit dem ‚unteren‘ Königsplatz ein unübersichtlicher, düsterer und schmutziger Angstraum entstanden. Vernachlässigung und Vandalismus griffen auf den ‚oberen‘ Königsplatz über. Statt an die Westernstraße angebunden zu werden, sahen sich die Geschäfte in der Marien- und in der südlichen Königstraße durch Betonbarrieren vom Einkaufsstrom abgeschnitten.

Königstraße und Königsplätze

Ab 2010 plante man eine Revitalisierung der Königsplätze. Ende 2015 begannen die Bauarbeiten, die bis 2019 andauerten. Die Betonplatte über dem ‚unteren‘ Königsplatz wurde deutlich reduziert, viele Treppen und Rampen sind verschwunden, so auch die große Rampe zwischen den Kaufhäusern Klingenthal und Kaufhof. Ein sogenanntes „Zentrales Erschließungselement“ ermöglicht stattdessen den barrierearmen Zugang zu den Platzebenen. Die Königstraße ist von der Westernstraße wieder als Straße erkennbar und in die City einbezogen.