Blick von der Michaelstraße zum Domturn (1934)

Früher

Die schmale Gasse Am Rothoborn bildete einst die nordwestliche Grenze der Domfreiheit. Wo heute die Häuser Nr. 2 bis 6 stehen, erhoben sich zuvor u. a. ein Beginenhaus, eine Terminei der Lippstädter Augustinereremiten und schließlich einige Fachwerkhäuser, die 1870/71 niederbrannten. Sie wurden durch Steinhäuser ersetzt.

Nördlich unterhalb des Doms errichtete in den Jahren 1676 bis 1678 Barockbaumeister Ambrosius von Oelde die Domdechanei. Der älteste erhaltene Profanbau aus Paderborns Barockzeit erhielt 1740 einen östlichen Treppenhausanbau.

Blick von der Michaelsstraße auf den Dom (1947)

Heute

Auch dieser Bereich der Innenstadt wurde stark von den Bomben des Zweiten Weltkriegs in Mitleidenschaft gezogen. Haus Nr. 2 war völlig zerstört; der Nachfolgebau stammt aus dem Jahre 1953. Nr. 4 wurde stark beschädigt, die beiden unteren Etagen konnten wiederhergestellt werden. Nr. 6 und Nr. 8 verschwanden Mitte der 1960er Jahre im Zuge der Neugestaltung des Paderquellgebiets.

Auch die Dechanei brannte 1945 bis auf die Fassade nieder. Notdürftig gesichert, unterzog man sie 1974 bis 1976 einer grundlegenden Restaurierung. Statt die ursprüngliche Raumaufteilung zu rekonstruieren, ließ man das Gebäude ‚kernlos‘ und stellte einen Bau in den Bau: einen selbsttragenden Geschosskörper, der überall den freien Blick auf das Innere ermöglicht. Genutzt wird die ehemalige Dechanei als Stadtbibliothek. Auf dem großen Vorplatz findet schon seit vielen Jahren der Paderborner Keramikmarkt statt.

Heute liegt die Stadtbibliothek auf einer ‚Insel‘, die von der Gasse Am Rothoborn und den Armen der Rothoborn- und Dielenpader begrenzt wird. Die isolierte Lage wird betont durch den Geißelschen Garten. Diese ehemals private, längst aufgegebene Parkanlage, die vermutlich nach dem Kölner Erzbischof und Kardinal Johannes von Geissel benannt ist (der 1856 den Paderborner Bischof Konrad Martin weihte), bewahrte ihren alten Baumbestand und bildet eine Waldparzelle, in der sich auch stadtfremde Tiere beobachten lassen.

Die mächtige ottonische Kaiserpfalz, die sich Im Osten hinter den Häusern am Rothoborn erhebt, war Jahrhunderte aus dem Stadtbild verschwunden. Bischof Meinwerk (1009-1036) hatte sie errichten lassen. Als die Könige und Kaiser des Deutschen Reiches nicht mehr nach Paderborn kamen, verfiel der Bau. Nur das Fundament und Mauerreste blieben, die 1945 unter Kriegsschutt begraben wurden.

Ab 1964 legte man die Pfalz und ihren karolingischen Vorgängerbau frei. Auf der Basis archäologischer Erkenntnisse wurde die ottonische Anlage 1977 neu erbaut. In ihrem unteren Geschoss beherbergt sie ein Museum, die obere Etage bietet Raum für Empfänge und künstlerische Darbietungen

Michaelsstraße mit Blick auf den Domturm